Mittwoch, 20. April 2016

Taxi Taxi - und andere öffentliche Verkehrsmittel

Prinzipiell unterscheiden sich die öffentlichen Verkehrsmittel in Kapstadt und Südafrika nicht sehr von denen in Deutschland: Bus und Bahn, „Taxi“ und Metro – und doch erscheint es wie vieles, wenn man die Heimat verlässt, fremd.
Sprach ich noch von Robben Island als Wahrzeichen von Kapstadt, so ist es auch nicht gelogen, die berühmten Minibustaxis im selben Zuge zu nennen. Weiße Toyota Minibusse, bestückt mit zwanzig Menschen und mehr, wummernd vor lauter Musik und ein Mann, der sich aus dem Fenster lehnt und den Passanten zuschreit, wohin das Taxi fährt – und das mit 120 km/h innerorts. Das sind zusammengefasst die Minibustaxis Kapstadts.
Gehen ich einmal deutsch an diese Angelegenheit ran und erläutere das Minibustaxisystem:
Ein dubioses Taxiunternehmen erwirbt eine Lizenz für eine Strecke zwischen zwei sogenannten Taxiranks. Diese Taxiranks sind eigens für die Taxis hergerichtete Bahnhöfe. Meist sehr groß, dreckig, stinkend und voller Menschen gibt es einen solchen Taxirank in fast jedem größeren Stadtteil Kapstadts, beispielsweise in der Innenstadt und Wynberg. Dort reihen sich die Taxis auf. Bis das Taxi nicht (fast) voll ist, fährt der Taxifahrer auch nicht los.
Sitze ich nun im Taxi fahre ich auf einer festgelegte Route von der Innenstadt aus nach Wynberg. Während der Fahrt brüllt entweder der Fahrer oder aber sein Kollege der gaartjie (Afrikaans „Gottheit“) aus dem Fenster und teilt den Passanten in unverständlichem Slang mit, wohin es geht in meinem Fall Wynberg. Währenddessen wird von den Mitfahrern das Geld eingesammelt.
Will ich nun aber nicht in Wynberg sondern beispielsweise in Observatory raus, so muss ich dies dem Fahrer oder dem gaartjie mitteilen. So sammeln die Taxis auf ihrer Route ständig Leute auf und lassen Fahrgäste raus – es gibt keine festen Haltestellen neben den Taxiranks. Will ich irgendwo auf der Route des Taxis einsteigen, so gebe ich dem Taxifahrer vom Bürgersteig aus ein Zeichen und der Minibus hält für mich.
Soweit die deutsche Theorie, kommen wir zur südafrikanischen Praxis. In den Taxis ist man eingeengt auf kleinstem Raum mit unter anderem dutzenden von anderen Menschen – und so muss man sich arrangieren. Wenn der Taxifahrer gerne ohrenbetäubende House-Musik hört, so muss ich dies als Fahrer akzeptieren, schließlich bin ich es, der in sein Taxi einsteigt. Sitze ich dann auch noch in der letzten Reihe, so kann es zum Problem werden, auszusteigen. Irgendwie muss ich auf mich aufmerksam machen: gegen die laute Musik anbrüllen, aufstehen und dem Taxifahrer auf die Schulter klopfen, damit er auf mich aufmerksam wird, von innen gegen die Karosserie schlagen; viele Wege führen nach Rom. Wenn ich jedoch vorne sitze, so kann das unliebsame Los des Geld-Zurückgebens auf mich zu kommen. Denn im Taxi wird das Geld dem Fahrer gereicht, während dieser fährt. So muss ich das Geld, das von hinten aus dem Taxi kommt, annehmen, dem Fahrer geben und ihm sagen, wohin der Fahrgast fahren möchte und schließlich auch das Rückgeld austeilen – alles keine leichte Aufgabe
Verlässlich sind die Taxis keinesfalls. Weder fahren sie nach einem Fahrplan, noch gibt es eine Garantie dafür, dass sie auch anhalten, wenn ich einsteigen will. Es kommt nicht selten vor, dass die Minibusse schlichtweg überfüllt sind. Ausgelegt für in der Regeln fünfzehn Personen, fahren oft mehr als zwanzig mit. Da muss man sich auch schon einmal zu fünft in eine Sitzreihe quetschen, die für drei Personen ausgelegt ist – oder man nimmt andere Mitfahrer auf den Schoss. Oder die Taxis halten aus anderen Gründen nicht an – weil sie beispielsweise um Positionen am Taxirank fahren und so möglichst schnell sein müssen. Wer also pünktlich auf der Arbeit sein muss, sollte sich ein anderes Verkehrsmittel suchen.
Die Kapstädter Metro. Der Slogan von Betreiber Metrorail? „Getting Cape Town to Work“ Ungefähr genau so eine Lüge wie das Motto der Deutschen Bahn: „Die Bahn macht mobil“. Verspätungen, Ausfälle, Streiks – klingt deutsch, oder? Wenn man es dann jedoch in die Bahn geschafft hat, so steht man oft gedrängt, Schulter an Schulter in einem lauten, beschmierten Zugabteil. Außer man steigt von der dritten Klasse auf die erste um (wo die zweite geblieben ist, habe ich noch nicht herausgefunden). Mehr oder weniger gepolsterte Sitze, weniger voll – aber schneller bewegt man sich dadurch ja auch nicht.
Verzweifelt sucht der Europäer nach einem verlässlichen und weniger stressigen Verkehrsmittel. Da liegt der Bus nahe. Und zum Glück gibt es gleich zwei große Busbetreiber in Kapstadt: die Golden Arrow-Busse und die MyCity-Busse.
Erstere sind die günstige Variante, vorwiegend für die Cape Flats und Townships. Der Raum in diesen lauten Ungetümen wurde effizient ausgenutzt. An „Stop“-Knöpfen wurde auch gespart. Nur eine Sache ist wie in Deutschland: Auch den goldenen Pfeilen muss man mal hinterherrennen, weil die Busfahrer nicht anhalten wollen.
Das MyCity-System wurde für die Fußball-WM 2010 eingeführt. Zunächst bestand es aus nur fünf Linien, die vor allem die Stadtteile in und um das Stadtzentrum sowie die Northern Suburbs einschlossen – also die Orte, an denen sich die internationalen Gäste vor allem aufhielten sollen. Mittlerweile fahren die MyCity-Busse sehr viel weiter: von der Innenstadt bis nach Hout Bay, ganz weit in den Norden Kapstadts, zum Flughafen oder aber sogar bis nach Mitchell's Plain oder Kayelithsa rein – nicht weit, denn in diesen eher unsicheren Gegenden regieren die Golden Arrows.
Um die MyCity-Busse zu nehmen, erwirbt man eine spezielle Kreditkarte, die man beim Einsteigen in den Bus an ein Terminal hält. Das System registriert, wo man eingestiegen ist und wo man aussteigt, wenn man die Karte erneut vorweist. So muss kein Bargeld ausgetauscht werden. Definitiv das entspannendste öffentliche Verkehrsmittel in ganz Kapstadt. Keine laute Musik, keine Unpünktlichkeit, keine Dem-Bus-Hinterher-Rennen-Und-Wild-Winken.
Gewöhnungsbedürftig das ganze. Aber man kommt drüber hinweg. Sobald man das erste Mal ein Minibustaxi benutzt hat, lernt man diese Dinger zu lieben. Sie sind das Sinnbild der südafrikanischen Kultur. Laute Musik, ganz egal ob House, Jazz oder religiöse Musik, sehr voll, nicht immer so pünktlich und zuverlässig, aber sehr flexibel. Dass sie extrem gefährlich sind, für die meisten Unfälle in Kapstadt verantwortlich sind und oft von der Polizei aus dem Verkehr gezogen werden, um die Legalität des Gefährts zu untersuchen, stört viele Kapstädter nicht – denn praktisch sind sie allemal.

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