Schon in den ersten
Wochen meines Freiwilligendienstes ist mir dieser eine Unterschied
der südafrikanischen Mentalität gegenüber der deutschen
aufgefallen. Sicherlich hervorgerufen durch den in Europa
herrschenden, starken Verbraucherschutz und des allgemeinen
gesellschaftlichen Bewusstseins.
Der Zigarettenkonsum, vor
allem unter Jugendlichen, soll in Deutschland zurückgehen. Während
in den 80ern das Rauchen noch in Mode war und es zum guten Ton
gehörte, einem Gast eine Zigarette anzubieten, merkt man heute eine
wachsende Abneigung gegenüber Nikotin und vor allem den unzähligen
Schadstoffen, die in dem einige Zentimeter langen Papierröllchen
stecken. Auch kleben mittlerweile Schockbilder auf den Verpackungen –
wie gut diese ihre Wirkung entfalten können, ist fraglich.
Nichtsdestotrotz herrscht eine geringe gesellschaftliche Akzeptanz
gegenüber Rauchen, was man auch daran erkennt, dass Fernseh-Werbung
von Zigarettenherstellern sowie beispielsweise das Sponsoring eines
Sportclubs verboten sind.
Anders ist dies in
Südafrika. Mir scheint, als stecke dieses Land noch in den 80ern.
Rauchern gehört hier zwar nicht zum guten Ton, doch erstickt dieses
Land förmlich in einer Tabakwolke. Dabei herrscht in allen
öffentlichen Gebäude ein Rauchverbot. Auch im Gastgewerbe darf nur
in einem abgetrennten Raum geraucht werden. Doch begeht die Regierung
den Fehler, nicht den mutigen Schritt zu gehen und Tabakwaren hoch zu
besteuern.Während in Deutschland Steuern in Höhe von bis zu 90% auf
eine Schachtel Zigaretten erhoben werden, liegen diese in Südafrika
bei etwa 30%. Zwar konnte die WHO einen Zusammenhang zwischen Steuern
und Konsum feststellen, doch sind die Zahlen weiterhin noch sehr
hoch.
Die Erhöhung der Steuern
böte insbesondere dem Schwarzmarkt einen fantastischen Nährboden.
Vor allem in Gebieten der Cape Flats und Townships, beispielsweise in
Kapstadt, würde dieser wunderbar wachsen, haben Polizeikräfte dort
doch wenig zu sagen. Die Machtlosigkeit der Autoritäten wird jetzt
schon deutlich, wenn man sich die hiesigen Gangstrukturen ansieht.
Diese haben Kapstädter Vororte wie Manenberg, Hannover Park oder
Bonteheuwel fest im Griff. Von den „four corners“ - den
Gefängnissen – bis zum Verkauf von Obst auf den Straßen und
Kreuzungen kontrollieren sie alles. Es würde nicht lange dauern, da
würden sie auch darüber regieren.
Zum günstigen Preis
kommt hinzu, dass die Größe der Zigarettenschachteln fast schon
beliebig sein darf. Während in Deutschland nur große, und demnach
teure Packungen zugelassen sind, werden in Südafrika sogar lose
Zigaretten für 1 Rand verkauft – umgerechnet 5 Cent.
Aus all diesen Umständen
resultiert, dass unter den Menschen eine Akzeptanz, zumindest
Toleranz gegenüber dem Rauchen herrscht. Wenn schon in Bars und
Restaurants engagierte Models ein illuminiertes Tablett mit
Zigarettenschachtel präsentieren und diese verkaufen, sinkt die
Hemmschwelle.
Für Südafrika
charakteristisch ist weiterhin die Modedroge Tik, eine Form von
Crystal Meth. In Europa ist Tschechien die Kontinentalfabrik für
diese synthetische Droge. Billig, doch sehr unrein. Ähnlich ist es
in Südafrika. Vor allem für Menschen, die auf der Straße wohnen
oder in Townships leben, also wenig Geld zur Verfügung haben, ist
diese günstige Version von Meth attraktiv, da sie die Konsumenten
sofort und effektiv aus ihrem Leid zieht. Zu den positiv
wahrgenommenen Effekten gehören Euphorie und ein wohltuendes
Hochgefühl sowie Wachsamkeit – also genau das, was ich als
Obdachloser auf der gefährlichen Straße haben möchte.
Zu den Langzeitfolgen
gehören, wie bei Crystal Meth üblich, Unterernährung,
Depressionen, ein fauler Mund, Psychosen sowie Organversagen.
Von psychoaktiven
Substanzen abgesehen, gehören streng genommen auch alltägliche
Genussmittel wie Zucker oder Fett zu Drogen. Nicht ohne Grund gehört
Südafrika zu einer der dicksten Nationen der Welt. Unheimlich
populär sind in Cornershops – kleinen Kioskläden – angebotene
kleine Chipstüten. Für ein bis zwei Rand kann eine 20g-Tüte für
den Weg zur Arbeit, für die Pause oder für die Kinder in der Schule
erwerben. Und das jeden Tag, und nicht nur eine Tüte.
In den beliebten
Rooibostee packt man nicht nur einen Löffel Zucker, nicht nur zwei
Löffel Zucker, gleich drei Löffel Zucker – Esslöffel,
wohlgemerkt.
In dieser Hinsicht kann
ich keinen In-Deutschland-Hingegen- oder Während-In-Europa-Satz
einbauen. Vielleicht sind unsere Lungen nicht ganz so schwarz, unsere
Zähne nicht ganz so verfault, unsere Bäucher aber mindestens genau
so fett wie die vieler Südafrikaner.
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