Und nach ziemlich genau zwei Jahren ist es wieder soweit: Ich bin
angekommen am schönsten Ort der Welt. Kapstadt hat mich mit offenen
Armen empfangen. Als ich vor zwei Jahren einen Schüleraustausch nach
Südafrika gemacht habe, war ich wie weggeblasen von der Schönheit
dieses Ortes. Der majestätische Tafelberg streckt immer, egal wo man
ist, seine Arme aus. Der Atlantik ist rau, doch lässt einen nicht
los. Die schillernden Facetten dieser riesigen Stadt sind
faszinierend. Das alles klingt sehr romantisch – das gebe ich zu –
doch unsere ersten Tagen waren auch sehr romantisch.
Vom Flughafen wurden wir von unserem Mentor und einer Mitarbeiterin
von SAGE Net Südafrika abgeholt. In den Büroräumen angekommen,
wurden wir gleich instruiert: Sicherheit stand natürlich ganz vorne.
Aber auch „nützliche“ Informationen: SIM-Karte (sehr wichtig),
Reiseführer und Karte von Kapstadt, ein Willkommensbrief. Wir wurden
herzlich empfangen.
Der Stadtteil, in dem das SAGE Net-Büro und die WGs der Freiwilligen
liegen, heißt Observatory (kurz Obs; die dortige Sternenwarte gibt
dem Stadtteil seinen Namen). Obs war schon während der Apartheid ein sehr auffallendes Viertel, lebten hier doch Schwarze, Farbige und Weiße fast unbeschwert nebeneinander. Nun sind es die Studenten, die in der
nahegelegenen Universität UCT (University of Cape Town) studieren
und der Stadtteil ist immer noch ein Szeneviertel: hippe Bars, sehr viele
schicke Cafés, Clubs, Restaurants; in Obs ist für jeden Geschmack
etwas dabei.
Untergekommen bin ich mit Robin, einem anderen Freiwilligen von SAGE
Net, in einer Gastfamilie im Stadtteil Lotus River, Grassy Park.
Lotus River ist, zu unserer Enttäuschung, etwas weit ab vom Schuss:
die Innenstadt von Kapstadt ist mit dem Minibustaxi und der Metro
fast eine Stunde entfernt, Obs etwas weniger. Die Verkehrsmittel sind
in Südafrika nicht ganz so zuverlässig wie die in Deutschland –
obwohl man das von der Deutschen Bahn nun auch nicht behaupten kann.
Doch entschuldigt wird dieser Umstand von unserer Gastfamilie: unsere
Xhosas-Mutter ist – ich kann es gar nicht anderes beschreiben –
cool. Fast noch herzlicher als Kapstadt hat sie uns empfangen. Und
auch ihre Kinder sind liebenswert. Eine sehr afrikanische Familie,
ein sehr afrikanisches Leben – und das ist ja, was wir suchen!
Gleich am nächsten Tag konnten wir einen großen Hacken hinter ein
Kapstadt-Must-Have machen: eine Wanderung hinauf auf den Lion's Head.
Der Löwenkopf (er trägt diesen Namen, weil angeblich irgendjemand
meint, er sehe aus wie ein Löwenkopf) ist Teil des Tafelbergmassivs
und kesselt die Innenstadt von Kapstadt ein. Zusammen mit dem Signal
Hill trennt er die Innenstadt im Osten von der Atlantikküste im
Westen und sorgt so für einige interessante meteorologische
Geschehnisse: Während man in der Innenstadt bis auf die Knochen
nass wird, weil britischer Regen herrscht, kann man über die Berge
hinweg eine sonnige Atlantikküste sehen.
Der Aufstieg auf den Lion's Head macht sehr viel Spaß. Ein
mittelschwerer Aufstieg (das behauptet zumindest der Hobby-Wanderer)
und gegen Ende muss man sogar an den senkrechten Wänden
hinaufklettern. Sehr aufregend! Und die 360°-Aussicht vom Head aus
belohnt den anstrengenden Weg allemal.
Am dritten und letzten Tag unseres Einführungsseminares haben wir
die sogenannte Hop On-Hop Off-Tour gemacht. In roten Londonbussen
fährt man eine Sightseeingtour durch Kapstadt. Per Ohrhörer erhält
man einige Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und Orten, zur
Geschichte und Kultur Südafrikas. Man beginnt an der
metropolitischen Waterfront, fährt entlang die Partymeile
Longstreet, durch das kunterbunte Bo-Kaap, hinauf zur Talstation des
Cable Cars, entlang des Villenviertels Camps Bay westlich des
Tafelberges (dazu eine lustige Anekdote Evas) und über Sea Point und
Green Point zurück zur Waterfront in der Innenstadt. Und nach dieser
Tour hat man nur einen Vorgeschmack von dem bekommen, was Kapstadt
bietet.
Viel zu schnell ging das erste Wochenende rum. Gleich am ersten
Montag hieß es schon: Arbeit. Mit den mehr oder minder
zuverlässigen, dafür aber (gefährlich) schnellen öffentlichen
Verkehrsmitteln ging es nach Athlone. In diesem Stadtteil liegt der
Training Workshop von CMHS. Ich wurde meinem Mentor vorgestellt und
schon ging ich mit ihm die Arbeit an. Er leitet die Siyakwazi-Gruppe.
Neun junge Männer erledigen Garten- und Hausarbeiten, zum Beispiel
Rasen mähen, Hecke schneiden, Fenster putzen. Mein Mentor und ich
dienen als Organisator und Aufsichtsperson der jeweiligen Aufträge.
Ein sehr interessanter Job, wie ich finde, mit sehr viel
Verantwortung, dennoch gewöhnungsbedürftig, da ich eine solche
Arbeit aus Deutschland überhaupt nicht kenne. Die Zukunft wird
zeigen, wie gut ich mich in diese Stelle integrieren kann.
Unterm Strich: Kapstadt ist schon ganz nett.
Während den ersten Stunden und Tagen wusste ich oft nicht, was ich
denn nun genau sein soll: Tourist oder Kapstädter. Keine Frage, fast
alles ist neu oder zumindest nicht heimisch. Alles ist spannend; man
wird förmlich zugedröhnt von spannenden Eindrücken. Man versucht,
alles aufzunehmen. Doch dann liegt man abends im Bett und denkt sich:
„Mann, du musst dir hier jetzt dein Leben aufbauen.“ Als sei das
in Deutschland nicht schon schwer genug. Es ist eine Herausforderung.
Wie gut oder schlecht ich diese meistere, kann ich in etwa einem Jahr
sagen. Bis dahin: Ein freundliches „Sawubona“, „Molo“,
„Hello“ und „Hallo“ aus Kapstadt – der liebevollen Mother
City!
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