Mittwoch, 20. Januar 2016

Die Garden Route

Südafrika ist bekannt für seine einzigartige Küstenlandschaft. Über 2500 Kilometer erstreckt sich die Küstenlinie und liegt dabei an zwei Weltmeeren: dem Atlantik und dem Indischen Ozean. Facettenreich zeigt sich Südafrikas Küste. Während die West Coast von endlosen Weiten erzählt, ist das Kap biologisch einer der artenreichsten Orte der Welt. Geht man die Küste weiter gen Osten betritt man die berühmte Garden Route mit wunderschönen Küstenorten und -landschaften. Hinter Port Elizabeth erstreckt sich die weniger bekannte, aber definitiv nicht weniger atemberaubende Wild Coast, die bis nach Durban führt.
Wie man sieht, hat allein schon die Küste Südafrikas unendlich viel zu bieten. Nach meinem Urlaub in den Drakensbergen habe ich mich mit Freunden aus Kapstadt auf den Weg entlang der Garden Route bis nach PE gemacht. Dabei haben wir an den unterschiedlichsten Orten Halt gemacht und gemerkt, wie viel diese Route – die wenig mit Gärten zu tun hat – zu bieten hat.


Der tatsächlich südlichste Punkt Afrikas
Doch unser erster Stopp lag nicht auf der Garden Route. Diese fängt nämlich erst bei Mossel Bay an. Wir haben jedoch der Vollständigkeit halber in L'Agulhas angehalten. Dieser Ort beherbergt nämlich den geografisch gesehen südlichsten Punkt ganz Afrikas – und zwar ohne Wenn und Aber. Kapstadt rühmt sich zwar gerne mit jenem Titel, doch südlicher als das Kap Agulhas geht es nicht. Das musste schließlich auch die City of Cape Town einsehen, nachdem die Stadt L'Agulhas geklagt hat. Dennoch ist das Kap Agulhas weniger spektakulär als das Kap in Kapstadt. Sehr klein ist der geschützte Nationalpark um den südlichsten Punkt. Ein Stopp war es dennoch wert.
Von L'Agulhas aus ging es auf die N2, eine der großen Nationalstraßen, die sich durch ganz Südafrika ziehen. Die N2 führt von Kapstadt aus über PE nach Durban – und bildet zwischen Mossel Bay und PE die Garden Route.
Die Karte Afrikas
Unser nächste Halt hieß Wilderness, ein kleines Örtchen hinter Mossel Bay. Und hier konnte man schon den Flair der Garden Route spüren. Viele, viele Touristen, viele, viele Angebote für Touristen und weißer Sandstrand. Wilderness ist umgeben von einem Waldgebiet, in dem man hervorragend Kanu fahren kann. Sogar ein Wasserfall findet sich am Ende eines Wanderweges. Kein Geheimnis, dieser Ort, doch es macht trotzdem Spaß, aus fünf Metern in einen Wasserfall zu springen. In der Nähe von Wilderness befindet sich der Big Tree. Ein Yellowwood Tree, der auf 800 Jahre geschätzt wird und somit der älteste Baum Südafrikas sein soll. Umarmen kann man ihn nur mit mindestens fünf oder sechs Personen. Ebenfalls befindet sich die berühmte Map of Africa in Wilderness. Von einem Aussichtspunkt aus kann man auf einen bewaldeten Hügel blicken, der die Form des Kontinentes Afrika hat.
Der Blick von den Knysna Heads auf
die Lagunenlandschaft und die
umliegenden Wälder
Als nächstes sind wir nach Knysna gefahren – ein Ort, der für zwei Dinge berühmt ist: die wunderschöne Lagunenlandschaft und das dichte Waldgebiet im Umland, der Knysna Forest. Seine Schönheit zeigt Knysna bei Sonnenuntergang. Zu dieser Uhrzeit hat man von den Knysna Heads, zwei hochgelegen Felsen in der Bucht des Ortes, einen wunderbaren Ausblick auf Lagune mit ihrem Türkisblau und den gründen Wäldern am Horizont.
Nature's Valley
Nach Knysna sind wir nach The Crags gefahren. Eine Gegend, die in der Nähe von Plettenberg Bay liegt. Ein auf den ersten Blick eher unscheinbare Gegend; recht trocken, wenig spektakulär, doch konnte sich The Crags von seiner anderen Seite zeigen. Zum Einen liegt Nature's Valley ganz in der Nähe. Nature's Valley besitzt eine einzigartige Naturlandschaft. Dichte und feuchte Wälder und einen unglaublich schönen Sandstrand. So weit wie das Auge reicht, reicht auch der Strand. Umgeben von einer fantastischen Hügellandschaft kann man Stunden an diesem ruhigen Ort verbringen.
In The Crags haben wir ebenfalls eine sogenannte Kloofing-Tour gemacht. Kloofing ist ein südafrikanischer Begriff für einen Trip durch einen Canyon. Und einen Canyon durchquert man am einfachsten in einem Neoprenanzug, mit der Bereitschaft zu schwimmen und von Klippen zu springen, mit Abseiling und Ziplines. Ein spektakuläres Abenteuer, das uns innerhalb von drei Stunden weit, weit in und durch die geheimen Schluchten und Wassertäler von The Crags geführt hat. Mit einer tollen Truppe und witzigen Führern macht ein solcher Ausflug unglaublich viel Spaß. Ein riesiger Spielplatz, den wir betreten konnten.
Die 216 Meter hohe Brücke über
dem Bloukransriver
Gleich am nächsten Tag beging ich das bei weitem aufregendste Abenteuer meines Lebens: ein Bungy-Sprung! Eher gesagt DER Bungy-Sprung schlechthin von einer 216 Meter hohen Brücke über dem berühmten Bloukransriver im Tsitsikamma-Nationalpark. Auf unserem Weg zur nächsten Station überfuhren wir diese Brücke und schon im Vorhinein habe ich gesagt: „Jetzt oder nie!“. Ich hatte also genug Zeit, mich vorzubereiten auf einen freien Fall von über 200 Metern. Und – was soll ich sonst sagen – es war das geilste, was ich bislang in meinem Leben gemacht habe: die Sekunden vor dem Sprung, das rasante Tempo im freien Sturz, die Zweifel, die später von purer Freude abgelöst werden; innerhalb von nicht einmal zehn Sekunden springt man ab, fällt, wird abgebremst, wieder hinaufgezogen und innerhalb von nicht einmal zehn Sekunden durchstreift man unzählige Gefühlswelten. Ein wirklich einmaliges Erlebnis, ein solcher Sprung. Auch wenn man es als Unbeteiligter kaum glauben mag, aber: So schlimm ist es gar nicht.
Als vorletzten Stopp haben wir den Addo Elefant-Nationalpark ausgemacht. Ein Park nördlich von Port Elizabeth. Wenn man schon einmal die Gelegenheit dazu hat, muss man natürlich auch eine Safari-Tour machen – gar keine Frage. Zwar haben wir keine geführte Tour durch den Nationalpark gemacht, dafür darf man allerdings mit seinem privaten Auto durch den Park fahren. Nachteil: das wachsame und geübte Auge eines Rangers fehlt. Spaß hatten wir alle im Auto aber allemal. Und einiges gesehen haben wir trotzdem: sehr viele Warzenschweine, verschiedene Reharten, Schildkröten, Büffel und natürlich Elefanten – es wäre wirklich peinlich gewesen, im Elefant-Nationalpark gewesen zu sein, ohne Elefanten gesehen zu haben. Den atemberaubendsten Moment hatten wir, als wir mitten auf der Straße anhalten mussten, weil urplötzlich eine Elefantenherde mit dutzenden Tieren aus dem Gebüsch gekommen ist. Auf einmal waren sie vor uns, hinter uns, neben uns – und sie hat es keinen Deut gestört. Doch man selber fühlt sich winzig in dieser kleinen Blechhaube namens Chevrolet Spark, denn man weiß, dass diese Mehrtonner den ganzen Wagen mit einem Fußtritt zur Fläche eines Teppichs verdichten können. Glücklicherweise sind Elefanten friedvolle Tiere.
Unser letzter Halt, bevor es zurück nach Kapstadt ging, war Port Elizabeth – das Ende der Garden Route. Von vielen wird PE als das Detroit von Südafrika verschrien: sehr viel Industrie, wenig Kultur und Sehenswertes – zu Unrecht eine Großstadt. Mein Eindruck von PE war allerdings ein ganz anderer. Ja, in PE gibt es sehr viel Industrie, ebenso wie in Teilen Kapstadts. Diese gehört jedoch zum Stadtbild dazu. Der Blick auf den Hafen, mit seinen hohen Kränen, mit den ein- und ausfahrenden Schiffen ist für PE typisch wie unzählige Hochhäuser für New York. Nicht jedermanns Sache, das gebe ich zu, mir hat es aber gefallen. Dazu kommt, dass die Infrastruktur in PE sehr gut ausgebaut ist. Schnell kommt man von A nach B, der öffentliche Verkehr funktioniert (gemäß südafrikanischen Verhältnissen). Und auch Port Elizabeth hat einige schöne und gemütliche Ecken.
Und dann hieß es schon wieder: auf in die Mother City. Eine mehrstündige Busfahrt stand uns bevor, bis wir wieder im Alltag angekommen sind. Die Garden Route ist definitiv eine Reise wert. Für jeden gibt es etwas zu entdecken und jeder kommt auf seine Kosten. Doch leider realisiert man schnell, dass die Garden Route kein Geheimtipp ist. Überfüllte Städte, Strandpromenaden und Strände sind weniger einladend. Dafür lernt man sehr viele neue Leute kennen, wenn man in seinen Backpacker oder Hoste Offenheit zeigt.

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