Freitag, 16. Oktober 2015

Welcome to the Mother City

Und nach ziemlich genau zwei Jahren ist es wieder soweit: Ich bin angekommen am schönsten Ort der Welt. Kapstadt hat mich mit offenen Armen empfangen. Als ich vor zwei Jahren einen Schüleraustausch nach Südafrika gemacht habe, war ich wie weggeblasen von der Schönheit dieses Ortes. Der majestätische Tafelberg streckt immer, egal wo man ist, seine Arme aus. Der Atlantik ist rau, doch lässt einen nicht los. Die schillernden Facetten dieser riesigen Stadt sind faszinierend. Das alles klingt sehr romantisch – das gebe ich zu – doch unsere ersten Tagen waren auch sehr romantisch.

Vom Flughafen wurden wir von unserem Mentor und einer Mitarbeiterin von SAGE Net Südafrika abgeholt. In den Büroräumen angekommen, wurden wir gleich instruiert: Sicherheit stand natürlich ganz vorne. Aber auch „nützliche“ Informationen: SIM-Karte (sehr wichtig), Reiseführer und Karte von Kapstadt, ein Willkommensbrief. Wir wurden herzlich empfangen.
Der Stadtteil, in dem das SAGE Net-Büro und die WGs der Freiwilligen liegen, heißt Observatory (kurz Obs; die dortige Sternenwarte gibt dem Stadtteil seinen Namen). Obs war schon während der Apartheid ein sehr auffallendes Viertel, lebten hier doch Schwarze, Farbige und Weiße fast unbeschwert nebeneinander. Nun sind es die Studenten, die in der nahegelegenen Universität UCT (University of Cape Town) studieren und der Stadtteil ist immer noch ein Szeneviertel: hippe Bars, sehr viele schicke Cafés, Clubs, Restaurants; in Obs ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Untergekommen bin ich mit Robin, einem anderen Freiwilligen von SAGE Net, in einer Gastfamilie im Stadtteil Lotus River, Grassy Park. Lotus River ist, zu unserer Enttäuschung, etwas weit ab vom Schuss: die Innenstadt von Kapstadt ist mit dem Minibustaxi und der Metro fast eine Stunde entfernt, Obs etwas weniger. Die Verkehrsmittel sind in Südafrika nicht ganz so zuverlässig wie die in Deutschland – obwohl man das von der Deutschen Bahn nun auch nicht behaupten kann. Doch entschuldigt wird dieser Umstand von unserer Gastfamilie: unsere Xhosas-Mutter ist – ich kann es gar nicht anderes beschreiben – cool. Fast noch herzlicher als Kapstadt hat sie uns empfangen. Und auch ihre Kinder sind liebenswert. Eine sehr afrikanische Familie, ein sehr afrikanisches Leben – und das ist ja, was wir suchen!
Gleich am nächsten Tag konnten wir einen großen Hacken hinter ein Kapstadt-Must-Have machen: eine Wanderung hinauf auf den Lion's Head. Der Löwenkopf (er trägt diesen Namen, weil angeblich irgendjemand meint, er sehe aus wie ein Löwenkopf) ist Teil des Tafelbergmassivs und kesselt die Innenstadt von Kapstadt ein. Zusammen mit dem Signal Hill trennt er die Innenstadt im Osten von der Atlantikküste im Westen und sorgt so für einige interessante meteorologische Geschehnisse: Während man in der Innenstadt bis auf die Knochen nass wird, weil britischer Regen herrscht, kann man über die Berge hinweg eine sonnige Atlantikküste sehen.
Der Aufstieg auf den Lion's Head macht sehr viel Spaß. Ein mittelschwerer Aufstieg (das behauptet zumindest der Hobby-Wanderer) und gegen Ende muss man sogar an den senkrechten Wänden hinaufklettern. Sehr aufregend! Und die 360°-Aussicht vom Head aus belohnt den anstrengenden Weg allemal.
Am dritten und letzten Tag unseres Einführungsseminares haben wir die sogenannte Hop On-Hop Off-Tour gemacht. In roten Londonbussen fährt man eine Sightseeingtour durch Kapstadt. Per Ohrhörer erhält man einige Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und Orten, zur Geschichte und Kultur Südafrikas. Man beginnt an der metropolitischen Waterfront, fährt entlang die Partymeile Longstreet, durch das kunterbunte Bo-Kaap, hinauf zur Talstation des Cable Cars, entlang des Villenviertels Camps Bay westlich des Tafelberges (dazu eine lustige Anekdote Evas) und über Sea Point und Green Point zurück zur Waterfront in der Innenstadt. Und nach dieser Tour hat man nur einen Vorgeschmack von dem bekommen, was Kapstadt bietet.
Viel zu schnell ging das erste Wochenende rum. Gleich am ersten Montag hieß es schon: Arbeit. Mit den mehr oder minder zuverlässigen, dafür aber (gefährlich) schnellen öffentlichen Verkehrsmitteln ging es nach Athlone. In diesem Stadtteil liegt der Training Workshop von CMHS. Ich wurde meinem Mentor vorgestellt und schon ging ich mit ihm die Arbeit an. Er leitet die Siyakwazi-Gruppe. Neun junge Männer erledigen Garten- und Hausarbeiten, zum Beispiel Rasen mähen, Hecke schneiden, Fenster putzen. Mein Mentor und ich dienen als Organisator und Aufsichtsperson der jeweiligen Aufträge. Ein sehr interessanter Job, wie ich finde, mit sehr viel Verantwortung, dennoch gewöhnungsbedürftig, da ich eine solche Arbeit aus Deutschland überhaupt nicht kenne. Die Zukunft wird zeigen, wie gut ich mich in diese Stelle integrieren kann.
Unterm Strich: Kapstadt ist schon ganz nett.
Während den ersten Stunden und Tagen wusste ich oft nicht, was ich denn nun genau sein soll: Tourist oder Kapstädter. Keine Frage, fast alles ist neu oder zumindest nicht heimisch. Alles ist spannend; man wird förmlich zugedröhnt von spannenden Eindrücken. Man versucht, alles aufzunehmen. Doch dann liegt man abends im Bett und denkt sich: „Mann, du musst dir hier jetzt dein Leben aufbauen.“ Als sei das in Deutschland nicht schon schwer genug. Es ist eine Herausforderung. Wie gut oder schlecht ich diese meistere, kann ich in etwa einem Jahr sagen. Bis dahin: Ein freundliches „Sawubona“, „Molo“, „Hello“ und „Hallo“ aus Kapstadt – der liebevollen Mother City!  

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