Nach und nach trudeln aus
Deutschland freudige Mitteilungen ein, dass man sich freue, mich in
zwei Monaten wiederzusehen – vielen Dank dafür. Ich kann diese
Freude gut nachvollziehen. Ein Jahr werde ich weg gewesen sein.
Familie und Freunde werden mich ein Jahr nicht mehr gesehen haben.
Das Gleiche gilt für mich: Die wenigsten habe ich gesehen, nur mit
ein paar konnte ich über Skype telefonieren.
So groß die Freude auf
der anderen Seite sein mag, bei mir hält sie sich trotz allem in
Grenzen. Zwei Monate verbleiben mir in Kapstadt und Südafrika. Zwei
Monate, um noch einmal aus den Vollen zu schöpfen. Einen
Freiwilligendienst werde ich nur einmal absolvieren – und nun naht
schon das Ende.
Schon? Zehn Monate sind
vergangen. Wenn ich einmal durch mein Tagebuch blättere, so habe ich
im vergangenen Jahr wahrscheinlich mehr erlebt und gesehen, als in
meinem bisherigen Leben. Immer noch kann ich mich sehr gut an meine
allerersten Tage erinnern. Der Abschied meiner Familie in Frankfurt,
das Treffen aller Freiwilligen in Heathrow, die Fahrt vom Flughafen
durch die Stadt, die ersten Tage in unserer Gastfamilie in Lotus
River. Gleichzeitig weiß ich aber nun, wie lang ein Jahr ist. In
Deutschland schwimmt man nur förmlich durch seinen Alltag: Silvester
kommt, Neujahr geht und morgen ist schon wieder Weihnachten. Nicht,
dass das hier anders sei, mittlerweile fühle ich mich sogar sehr
wohl in meinem gefundenen Alltag, doch konnte ich erstmals das Gefühl
für die Länge eines Jahr entwickeln.
Ist ein Jahr nun kurz
oder eher lang? Jedenfalls kann man sehr viel in einem solchen Jahr
erleben. Und diese Zeit will ich alles andere als missen. Vielmehr
will ich, dass sie nie aufhört. All die Freunde, die ich gefunden
habe, alle die unvergesslichen Ereignisse und Erlebnisse, all die
Witze, die guten Gespräche, die Erfahrungen, die guten und
schlechten Zeiten. Dieses Jahr hat mich als Mensch sehr stark
geformt. Ich selber werde meine neue „Form“ erst in den Wochen
nach meiner Rückkehr feststellen können, wenn ich mich ins
altbekannte Deutschland einfügen muss.
Und nun werden mir nur
noch zwei Monate gelassen, um dem Ganzen ein Tüpfelchen aufzusetzen.
Doch dann ist Schluss mit Kapstadt. Langsam nimmt man Abschied von
all dem alltäglichen. Wenn ich mir vorstelle, bald „Bye bye“ zu
den Trainees und Kollegen auf der Arbeit sagen zu müssen, schmerzt
es schon ein bisschen. All die schönen Orte in dieser fantastischen
Stadt ein letztes Mal sehen. Die lockere und offene Mentalität der
Südafrikaner nicht mehr haben.
Aber: Es geht weiter. In
Deutschland erwarten mich neue Abenteuer, eine neue Stadt, neue
Menschen, ein neues Leben. Ich darf meine Familie wieder in den Arm
nehmen, mit meinen alten Freunden quatschen, meine erste Heimat
wiedersehen. All dies lockt mich nach Deutschland. Ich werde
sicherlich nicht schnell in ein Loch aus Sehnsucht, Langeweile und
Lethargie fallen – hoffentlich.
Denn auch in Deutschland
erwartet mich ein Alltag. Ein Alltag, dessen Rahmen mir zumindest
bekannt ist. Während in Kapstadt zwar Alltag herrscht, so liegt doch
immer eine gewisse Fremde über der Stadt und dem Land. Auch wenn ich
mich an die Sprache und Menschen gewöhnt habe, damit aufgewachsen
bin ich nicht. Deutschland hingegen kenne ich. Auch wenn ich mich in
den ersten Wochen in Aachen, Mannheim oder Dresden noch zurecht
finden muss, so kenne ich Land und Leute (obwohl man das von den
Ossis vielleicht nicht ganz behaupten kann). Und somit wird jenes
Loch früher oder später kommen und ich muss zusehen, wie ich mich
darum herumschiffen kann.
Bereitet mir meine
Situation nun Angst? Freue ich mich auf meine Rückkehr? Weine ich
Kapstadt heute schon hinterher? Bin ich froh, einen Tapetenwechsel
machen zu können?
Ich habe keine Ahnung!
Genau so wie dieser
Blog-Eintrag, ist auch meine Gefühlswelt im Moment durcheinander.
Jeder Tag birgt neue Gefühle und Gedanken. Wenn ich einen tollen Tag
mit Freunden in Kapstadt verbringen, so schwebe ich auf Wolke Sieben
und will nun gar nicht mehr weg von diesem Ort. Wenn mir hingegen
mein Papa eine liebevolle Nachricht schreibt, dass er sich jetzt
schon auf mich freue, so kann ich es gar nicht mehr abwarten.
Fest steht jedoch: der
23. September wird kommen!
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